Hilfe für das Ahrtal
Was geschehen ist, darüber wurde in verschiedenen Medien bereits ausführlich berichtet. Die Fakten deshalb in aller Kürze: Vom 14. auf den 15. Juli 2021 überrollte als Folge eines lokal stehenden Starkregenereignisses (bis 250 l/m²) eine Sturzflut das Ahrtal. Die Ahr, ein eigentlich unscheinbarer Fluss, im Volumen zwischen Appelbach und Nahe gelegen, erreichte binnen weniger Stunden einen Hochwasserpegel von bis zu 700 cm Höhe (Quelle: SWR Aktuell). Die beschleunigten Wassermassen rissen Bäume und Fahrzeuge mit sich, zerstörten Straßen, Brücken und Häuser. Viele Menschen verloren in der Flut ihr Leben.
Infrastruktur nahezu vollständig zerstört
Am 22. Juli – ein Donnerstag – , um 03.00 Uhr in der Früh, brachen mit einer Kolonne aus mehreren Fahrzeugen u.a. auch sechs Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr aus Pleitersheim in das Schadensgebiet auf. Ihr Ziel: Die Ortsgemeinde Ahrweiler. Der Auftrag lautete, noch immer unter Wasser stehende Keller und Tiefgaragen auszupumpen. In Schichten zu je etwa acht Stunden, in der Zeit von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, wechselten sich die Feuerwehren der VG Bad Kreuznach ab, um die Menschen in den von der Flut betroffenen Ortschaften zu unterstützen und zu retten, was noch zu retten ist. Oftmals ist das leider nicht viel. Das Ausmaß der Zerstörung ist immens, wie unzählige Bilder offenbaren, und was bleibt, ist mit toxischem Schlamm überzogen. Der feuchte Grund ist durchsetzt mit Kraftstoffen wie Heizöl und Diesel, mit Fäkalien und anderem Unrat.
Um einem Unbeteiligten die Lage im Ahrtal zu beschreiben, wird oftmals der Vergleich mit einem Kriegsgebiet bemüht (Quelle: Rhein-Zeitung). So treffend dieses Bild sein mag, kann es dennoch – ohne die persönliche Erfahrung – nur eine vage Ahnung vermitteln. Infolge der nahezu umfassenden Zerstörung der Infrastruktur treten elementare Grundbedürfnisse in den Vordergrund; – etwa der Toilettengang. Wo keine Kanalisation mehr existiert, da funktioniert auch kein Klo. Wie also seine Notdurft verrichten? Was vormals – im gewohnten Alltag – von großer Bedeutung erschien, verkommt zur Banalität.
Die Atmosphäre ist angespannt. Einerseits schlägt den Kameraden der Feuerwehr – wie allen Helfern – für ihren Einsatz Dankbarkeit entgegen, andererseits sind die Menschen vor Ort – verständlicherweise – nervlich stark belastet. Viele haben alles verloren, die Perspektive ist ungewiss. Der Wechsel zwischen Apathie und Tatkraft ist fließend. Insbesondere zu späterer Stunde liegt über den Gemeinden eine eigentümliche Ruhe (lässt man das beständige Dröhnen der Baumaschinen außer Acht).
Hinzu kommt ein allgegenwärtiger, ‚mal mehr, ‚mal weniger intensiver Geruch. Eine Mischung aus Chemie, Abfall und Verwesung, die sich wie eine schwere Glocke über das Ahrtal gelegt hat.
Wiederaufbau wird Jahre dauern
Unablässig arbeiten die Anwohner, die Hilfsorganisationen, die Bundeswehr und zahlreiche freiwillige Helfer daran, im Ahrtal wieder Ordnung und Stabilität einkehren zu lassen. Während ihrer Schicht gelang es den Pleitersheimer Feuerwehrleuten, zwei Keller vom Wasser zu befreien. Das erscheint wenig, man behalte jedoch die Umstände in Erinnerung, da jeder Nachschub und auch die Entsorgung stets neue Schwierigkeiten mit sich bringt. Bis die Spuren der Flut beseitigt sind, werden vsl. noch Jahre vergehen.
Am Nachmittag des 22. Juli kehrten die Feuerwehrleute der Einheit Pleitersheim sodann wieder nach Hause zurück. Eine neue Schicht aus Kameraden anderer Wehren hatte ihre Aufgabe übernommen und würde sich den nächsten Kellerräumen zuwenden. Was den Helfern bleibt ist ein eindrückliches Bild, wie wenig der Mensch den Kräften der Natur tatsächlich entgegen zu setzen hat.
Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz
Ob die Sturzflut im Ahrtal den klimatischen Veränderungen anzulasten ist, wird sich erst noch erweisen müssen. Sicher aber nehmen extreme Wetterereignisse in Stärke und Häufigkeit zunehmend Einfluss auf den Alltag der Menschen. Um so bedeutsamer ist es, sich auf diese Veränderung einzustellen. Noch im Jahr 2016 wurde der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizières für seine Empfehlung verspottet, jedermann möge sich einen Notvorrat anlegen (Quelle: Welt). Eine Haltung, die überdacht werden sollte.
Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nach der Katastrophe im Ahrtal ist überwältigend. Ob in Form von Spenden, Zeit oder Arbeitskraft, das Leid der Betroffenen brachte viel Solidarität hervor. Eingedenk der Gewissheit, dass weitere Ereignisse dieser Art kommen werden – die Frage lautet nicht Ob?, sondern nur Wann? und Wo? – hegen wir von der Freiwilligen Feuerwehr Pleitersheim die Hoffnung, dass sich mehr Menschen ehrenamtlich in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Und die Notwendigkeit dessen nicht in Vergessenheit gerät, sobald die Ereignisse im Ahrtal aus den täglichen Nachrichten wieder verschwinden. Feuerwehr, THW, DLRG oder eine der Sanitätsorganisationen … sie alle sind dringend auf Menschen angewiesen, die – professionell, geschult und gut ausgerüstet – anpacken, wenn andere in Not sind.
Dem Autor dieses Textes sei eine abschließende Anmerkung gestattet: Ich war nicht mit den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Pleitersheim im Einsatz. Ein im Grunde simples, technisches Problem zwang mich, Zuhause zu bleiben. Da ich dem Katastrophenschutz jedoch beruflich eng verbunden bin, führte mich – kurze Zeit später – ein anderer Auftrag in das Schadensgebiet. So kann ich aus erster Hand beschreiben, was die Einsatzkräfte vor Ort erlebten.